Nachbarschaften sind freiwillige Zusammenschlüsse von Betreibern wasser- und abfallwirtschaftlicher Anlagen bzw. von Gewässer-Unterhaltungspflichtigen. Sie dienen der Förderung des Gewässerschutzes, der Gewässerentwicklung sowie dem fachgerechten und sicheren Anlagenbetrieb. Die Trägerschaft wird vom regional zuständigen DWA-Landesverband (DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. ) oder einem anderen Träger übernommen.
Eine gute Nachbarschaft zeichnet sich im Allgemeinen durch gegenseitige Hilfe, durch den Austausch von Informationen und Erfahrungen zum allseitigen Nutzen aus. Nicht anders verhält es sich mit der "Kläranlagennachbarschaft" in Ostthüringen, die im Jahre 1993 in Hermsdorf aus der Taufe gehoben wurde. Anders als bei herkömmlichen Nachbarschaftstreffen geht es hier aber nicht um Geselligkeit, sondern vielmehr um Fortbildung und letztendlich um Kosteneinsparung.
Der Bau und der Betrieb von Kläranlagen und Kanalisationen ist teuer. Umso wichtiger ist es, die zuverlässige Funktionalität und Wirtschaftlichkeit zu sichern und zu optimieren. Und dafür braucht es hoch qualifiziertes Personal. Die hierfür notwendigen Weiterbildungen erfolgen zweimal im Jahr, wobei Betriebspersonal wechselseitig in den verschiedenen Klärwerken zusammenkommt. Dies garantiert Praxisnähe und vermeidet die bei zentralen Schulungen anfallenden Kosten und Arbeitszeitausfälle. Die Themenpalette reicht von Maschinentechnik und Hydraulik, über physikalische, chemische und biologische Fachfragen, Mess- und Analysentechnik, bis hin zur Energieeinsparung, Optimierung des Anlagenbetriebes und rechtlichen Fragen. Die Themen werden von den Praktikern selbst festgelegt und unter Anleitung ehrenamtlicher Lehrer behandelt.
Mit der steigenden Zahl an neu errichteten oder modernisierten vollbiologischen Kläranlagen rückten zunehmend Fragen der Prozess-Steuerung und Anlagenoptimierung sowie der Umgang mit besonderen Betriebszuständen in den Mittelpunkt. Große Nachfrage bestand beispielsweise nach der theoretischen Wissensvermittlung für die Entstehung von Bläh- und Schwimmschlamm oder Schaum und für die Probleme in der Nachklärung bei hydraulischer Überlastung sowie in Fragen der energetischen Optimierung.
Diese Art des lebendigen Austausches hat sich bestens bewährt. Aufgrund der gewonnenen Erfahrungen konnten so manche Betriebsprobleme oder -störungen rasch beseitigt, Folgeschäden minimiert und kostspielige Reparaturen vermieden werden. Man nutzt die Erfahrung der anderen, beispielsweise bei der Beschaffung von Maschinen oder der Beauftragung bewährter Kundendienste. Durch die persönlichen Kontakte lassen sich unkompliziert Hilfeleistungen organisieren, Geräte ausleihen oder Ratschläge des Nachbarn bei Problemen einholen.
Der ZWA "Thüringer Holzland" hat in der Landesgruppe Sachsen/Thüringen einen hervorragenden Ruf. Die Kläranlagen Hermsdorf, Kahla, Stadtroda und Graitschen waren bereits mehrfach Orte der Weiterbildung des Klärwerkspersonals. Die Kläranlage Hermsdorf ist darüber hinaus seit 1998 offiziell als Ausbildungskläranlage der DWA - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (ehemals ATV-DVWK) anerkannt. Seit dieser Zeit haben hier bereits viele Klärwärter aus Thüringen, Sachsen-Anhalt und Bayern Praktika absolviert.
Die ersten Kläranlagennachbarschaften wurden durch die DWA vor über 40 Jahren in Baden-Württemberg initiiert. Die 1993 in Hermsdorf gegründete Ostthüringer Kläranlagennachbarschaft war die zweite von inzwischen sieben existierenden in Thüringen. Sie umfasste ursprünglich den gesamten Ostthüringer Bereich. Aufgrund des regen Zuspruchs und der erreichten Größe wurde sie 1998 in zwei separate Nachbarschaften (Einzugsgebiet der oberen Saale und Einzugsgebiet Weiße Elster) geteilt.